Dazwischen Iguazu-Wasserfälle, Blumenau und Treze Tilias
Kilometerstand bis jetzt 5.500 km in 3 Wochen
Im Hafen von Buenos Aires werden unsere Zolldokumente problemlos erledigt, wir fahren vormittags den 2.8. vom Schiff, erst mal in die City, die ist vollgestopft mit Autos und Menschen. Zunächst wollten wir hier ein paar Tage bleiben, doch der Trubel nach 5 Wochen ruhiger Schiffahrt ist zu groß. So entscheiden wir uns doch gleich 100 km weiter bis Zarate zu fahren. Die Richtung ist Norden, erstes Ziel die Iguazu-Wasserfälle…
Die ersten 4 Fahrtage ist es sehr kalt. Es ist zwar Winter in Südamerika, doch diese Temperaturen sind ungewöhnlich für die Region, wie uns Einheimische berichten. Wir haben den Fleecepulli an und U-Hosen drunter. Wir starten früh sogar mal bei 0° C, tagsüber wird es nicht mehr als 10 Grad, mehrere Kaffeestopps helfen uns wieder aufzuwärmen. Dann wird es, nach ca. 1500 km, endlich wärmer (über 20 Grad), auch die Landschaft hat sich merklich geändert. Nach Pampa, Flachland mit Rinderherden kommen nun Palmen, Teefelder und wir sehen erste Papageien und Tucane.
Am 6.8. sind wir in der Stadt Iguazu und finden einen schönen Zeltplatz und natürlich grillen wir an diesem Abend feinstes argentinisches Rindfleisch.
Der Nationalpark mit den Wasserfällen hat eine Größe von 185.265 ha, durch die in der Mitte verlaufende Landesgrenze des Rio Iguazu teilen sich die Fälle in eine brasilianische und eine argentinische Seite. Wir schauen uns 2 Tage lang die Argentinische an. Die Wassermassen des Rio Iguazu donnern auf einer Breite von 2.700 m über Felsstufen und in vielen Haupt- und Nebenfällen in eine 100 m breite Schlucht. Die Wasserfallhöhen sind zwischen 50 und 80 m. Wir sind begeistert. Einige Aussichtspunkte sind so nah an den Wassermassen, daß es eine Dusche gibt. Wir haben blauen Himmel und Sonnenschein und sehen herrliche Regenbögen schimmern. Auf den Wegen laufen Nasenbären herum. Bei einem Picknick kommen plötzlich mindestens 15 dieser possierlichen Tiere überfallartig aus dem Gebüsch und haben es auf unsere Mango abgesehen. Sie bekommen die Schalen und wir den Rest. In den Palmen sitzen fressende Affen, die sich an uns gaffenden Touristen gar nicht stören.
Nach 3 Tagen zelten und grillen packen wir unsere sieben Sachen wieder zusammen und sind gegen Mittag den 9.8. an der Grenze zu Brasilien, welche direkt hinter Iguazu ist, der erste Grenzübertritt klappt ganz problemlos.
Das erste Ziel in Brasilien ist Blumenau, wo wir direkt an Lars seinem Geburtstag den 11.8. eintreffen. Kurz vor Blumenau durchfahren wir den Ort Pomerode (www.turismo.pomerode.sc.gov.br). Hier wirbt man mit dem Slogan „A Cidade mais Alema do Brasil“ (die deutscheste Stadt Brasiliens). 1861 wurde die Stadt von Einwanderern aus Pommern unter der Führung von Herrn Hackrath, einem Freund von Dr. Blumenau gegründet. Das Stadttor ist ein Nachbau von dem in Stettin. Im Ort leben 25.000 Einwohner, hier wird noch versucht die deutsche Kleinstadtidylle zu bewahren. Was in Blumenau leider nicht mehr der Fall ist, hier leben jetzt 264.000 Einwohner, davon sollen laut Statistik 40 % deutscher Abstammung sein. Ca. 15 km außerhalb finden wir im Ortsteil Novo Russia ein Camping. Der Platz ist wunderschön, an einem Fluß gelegen und alles ist grün. Wir beziehen aber nicht unser Zelt sondern eine kleine Hütte, da es regnet und es auch nicht nach Besserung aussieht. Für die Geburtstagsfeier gibt es einen reichlichen Einkauf im Mini Mercado. Der Grill wird angezündet, das Bier schmeckt und auch der Cachaca. Prosit Lars !
Am nächsten Tag fahren wir wieder nach Blumenau, wir staunen, denn die Stadt ist wie ausgestorben, keine Menschen zu sehen, es ist Sonntag, alle Geschäfte, Cafes, Bierstuben und Eisdielen geschlossen. So können wir uns zwar in Ruhe die Stadt ansehen, aber ohne Eis? Blumenau wurde 1850 von Otto Blumenau mit einer Gruppe Auswanderer gegründet. Statt Tropenwald erwartete die Leute Nadelwald, den mußten sie nur roden um landschaftlich der einstigen Heimat nahe zu sein. Nun ist es aber eine große Stadt geworden und nicht mehr so ursprünglich wie in Pomerode, oder wie unser nächstes Ziel in unserer brasilianischen deutsch-österreichischen Runde Treze Tilias. Bis dorthin sind es 410 km und wir machen eine Zwischenübernachtung in Fraiburgo.
Treze Tilias (www.trezetilias.sc.gov.br) heißt übersetzt Dreizehn Linden und wurde 1933 gegründet. Hier leben nur 5500 Einwohner, ein kleiner Ort in dem die tiroler Bauweise strickt eingehalten wird. Bräuche und Trachtentänze der alten Heimat werden gepflegt und noch viele sprechen den tiroler Dialekt.
Wir zelten bei Restaurante & Camping Felder, direkt neben der Milchfabrik namens Tirol. Der Sohn vom Camping Felder, etwa in unserem Alter, spricht auch sehr gut deutsch und so können wir uns prima unterhalten.
Zu Fuß geht’s durch den Ort. In der Touristeninfo bekommen wir auf deutsch einen Film zur Geschichte Treze Tilias gezeigt, wir gehen ins Museum, einst das erste Haus im Ort. Wir laufen gemütlich durch alle Straßen und sind echt beeindruckt was hier mitten in Brasilien möglich war und ist. Das Beste heben wir uns für den Schluß der Runde auf, die Schnapsbrennerei, natürlich mit Verkostung.
Nach 3 Tagen sind wir auf unserem Zeltplatz von kleinen gemeinen Fliegen völlig zerbissen und es wird Zeit Abschied zu nehmen. Das mitgenommene Autan zeigte wenig Wirkung und wir ergreifen die „Flucht“ nach vorn Richtung Norden, als nächstes Ziel das Pantanal.
Wir machen einen großen Sprung von 1200 km und sind im südlichen Teil des Pantanals, in der Stadt Bonito. Auf einem schönen Campingplatz nehmen wir uns eine preiswerte Hütte. Komischer Weise ist es hier am Ankunftstag recht kühl, auch am nächsten Morgen haben wir zum Frühstück die Pullover an, aber das soll sich schnell ändern. Die kommenden Wochen begleiten uns dann Temperaturen zwischen 35 und 45 Grad Celsius.
Wir wollen uns hier in der Nähe von Bonito eine Grotte anschauen und schon als wir dorthin losfahren wird es wärmer und wärmer. Am Eingang zur Grotte bekommen wir von unserem Guide zur Sicherheit Helme aufgesetzt. Die Gruta do Lago Azul, so der spanische Name, wurde 1924 durch Ureinwohner entdeckt. Sie ist 70 m hoch und 120 m breit. Um den blauen See anzuschauen, haben wir einen 350 m langen Abstieg über 200 Stufen, dabei kommt uns noch eine Reisegruppe entgegen und dann sind wir allein in der Grotte. Das blauschimmernde Wasser sieht wunderbar aus, wir sind ganz leise und hören wie die Wassertropfen von den weißen Stalaktiten in den See fallen. Dann müssen wir natürlich die über 200 Stufen wieder hoch und kommen sehr ins schwitzen, haben wir doch auch noch die Motorradhosen an. Wir fahren die kurze Piste wieder zurück und essen erst mal ein Eis in Bonito und kaufen für einen Grillabend ein.
Um vom südlichen in den nördlichen Teil des Pantanals zu kommen, sind noch mal 1070 km zu fahren, davon 335 unserer ersten Pistenkilometer. Wir haben diese Fahrtage nun immer unsere Wanderhosen an, denn in der Motorradhose wäre es unerträglich bei über 40 Grad. Pocone ist der Ausgangsort um die Transpantaneira zu fahren, am Eingangstor der Stadt stehen Einheimische und sammeln Spenden für Medikamente, da zu Goldgräberzeiten (1983-1999) das Grundwasser so stark mit Quecksilber (wurde verwendet zur Amalgamierung der Goldpartikel) verunreinigt wurde, das die Leute heut noch Gesundheitsschäden haben. Wir fahren nicht durchs Zentrum der Stadt, sondern unbewußt finden wir gleich die Straße die zur Transpantaneira führt. Am Anfang befindet sich eine Churrassceria und Pousada. Wir nehmen hier ein Zimmer und gehen, da grad Mittagszeit ist, Rodizio (verschiedenes Fleisch und Würste von Spießen und Beilagen vom Buffet soviel man will oder kann für einen Preis) essen. Nachmittags fahren wir einen laut Reiseführer empfohlenen Abstecher nach Porto Cercado, auf dem Weg dorthin sollen an einer Brücke tausende Kaimane sein. Leider ist dies aber nicht der Fall, da die komplette Piste eine Baustelle ist. LKW an LKW kommen uns entgegen und stauben uns so richtig kräftig ein. Das macht keinen Spaß. Wir sehen ein paar wenige Tiere an der Straße, ein Leguan und auch ein Babykaiman, der Rest hat sich von der Baustelle verzogen. Wir drehen auch wieder um.
Das Pantanal, im Dreiländereck von Bolivien, Brasilien und Paraguay, ist das größte zusammenhängende Feuchtgebiet der Erde. Die Größe ist aufgrund der unterschiedlichen Wasserstände verschieden, ungefähr 210.000 qkm. Einst war das Pantanal eine gigantisch große pazifische Meeresbucht. Als sich durch den Kontinentaldrift die Anden auffalteten, wurde diese Bucht vom Pazifik abgetrennt. Es entstand ein riesiger Salzwassersee, der im Laufe der Zeit durch Flüsse und Niederschläge sein Salz verlor. Die eingeschlossenen Meerestiere mußten sich dem Süßwasser anpassen. Deshalb gibt es heute unter anderem Süßwasserdelphine und – haie.
Hier nun zwei Tage aus unserem Tagebuch :
25.08.07 Samstag Transpantaneira (149 km)
Wir starten bereits halb 8, denn es wird bestimmt wieder über 40 Grad und auch wollen wir genügend Zeit zum Tiere beobachten haben auf der 149 km langen Dammpiste (bis Porto Jofre, dort geht es nicht mehr weiter, nur noch mit dem Boot) mit 118 Holzbrücken, bei denen wir ja auch noch nicht wissen wie gut oder schlecht wir da mit dem Gespann rüber kommen. Direkt am Eingangstor zur Transpantaneira treffen wir auf ein deutsches Ehepaar mit Auto, welche schon über 1 Jahr unterwegs sind. Wir sprechen bestimmt eine Stunde miteinander. Es ist sehr nett, doch es wird auch immer wärmer. Wir tauschen einige Informationen und Adressen aus und dann geht’s los. Gleich im ersten Kilometer kommen wir aus dem Staunen nicht mehr raus. Kaimane soweit das Auge reicht. Dicht an dicht liegen sie bis zum anfassen nah an der Piste. Unzählige Vögel wie Reiher, Ibisse und vor allem viele viele von den großen Störchen namens Jaburu. Er ist das Symbol des Pantanals. Es ist absolut kein Vergleich zu dem was wir damals in Venzuela auf unserer Llanostour gesehen haben, das war nur ein winziger Bruchteil zu dieser Fahrt hier, welche wie durch einen riesigen Freiluftzoo ist. Wir überqueren die ersten Brücken alle problemlos und bleiben immer wieder zum kucken und fotografieren stehen. Wasserbüffel, Wasserschweine, Affen, blaue Aras, Tucanos, Kolibris, Eisvögel und immer wieder Kaimane. Auf den letzten 50 km werden die Holzbrücken etwas interessanter, ich steige jetzt besser immer ab, um zu schauen, daß das Gespann in seiner Spurbreite richtig über die Bretter passt. Einige Brücken sehen doch so aus als würden sie demnächst zusammenbrechen, aber die LKWs von den Fazendas fahren auch noch drüber. Zum späten Nachmittag haben wir es dann geschafft, total schweißnass gebadet kommen wir in Porto Jofre an und trinken gleich eine kalte Cola. Das letzte Stück war bei der Hitze wirklich so anstrengend, daß man bei 42 Grad beim aberhundersten Kaiman nicht mehr anhält. Es gibt hier hinten einen Campingplatz, wir gehen kalt duschen und bauen das Zelt auf, das kalte Bier schmeckt dabei sehr gut. Wir kochen uns Spaghetti mit Tomatensoße und gehen beizeiten schlafen, aber bei der Wärme fällt das einschlafen auch schwer.
26.08.07 Transpantaneira zurück nach Pocone (149 km)
Zeitiges schlafen gehen = zeitiges aufstehen. Beim munter werden hören wir doch leichtes tröpfeln aufs Zeltdach ??? Regen in der Trockenzeit ??? Es ist 6 Uhr, wir trinken Kaffee, essen Zwieback und packen unsere Sachen wieder zusammen. Irgendwie sieht es doch verdächtig nach mehr Regen aus und tatsächlich als wir grad losfahren wollen, fängt es richtig an. Wir ziehen unsere Motorradsachen an, obwohl wir da keine Lust drauf haben, aber die Wanderhosen währen nun mal gleich klitsch naß. Die ersten Kilometer ist eine kleine Schlammschlacht. Der Regen macht die Piste rutschig, der Schlamm klebt dick an den Reifen dran, das Gespann und wir sehen aus wie die Schweine. Nach einer Stunde läßt der Regen nach und irgendwann ist es dann wieder so trocken und staubig wie am Vortag. Hier hat es nicht geregnet. Aber es ist beiweiten nicht mehr so heiß, es hat sich direkt abgekühlt. Wir kommen 15 Uhr wieder in Pocone an, nehmen die gleiche Pousada, nur leider ist das Rodizio schon vorbei. Wir kochen unsere andere Hälfte der Spaghettipackung wieder mit Tomatensoße. Ich wasche unsere eingestaubten und verschwitzten Sachen und Lars kontrolliert die Ventile am Motorrad. Abends fahren wir ins Centro um dort zu Essen, finden ein Restaurante, es gibt kleine gegrillte Fleischspieße und brasilianische Musik.
Das waren große Distanzen und sehr viele gefahrene Kilometer für den ersten Monat.
Sind jetzt bereits seit einigen Tagen in Bolivien und suchen die Abkühlung in den Bergen.
Bis bald Euer Lars und Eure Dagi